Braunschweig verblubbert

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Herzlichen Glückwunsch Braunschweig! Heute hat der erste Bubble-Tea-Laden seine Scheiben zugeklebt, er hat nach knapp einem Monat seine Glastüren für immer geschlossen. Die Braunschweiger haben den Laden wohl nicht angenommen, auch ihnen gratuliere ich deshalb von ganzem Herzen.

In den letzten Monaten haben sich in der Innenstadt die Bubble-Tea-Buden geradezu epidemisch verbreitet. Auf einem Spaziergang durch die Fußgängerzone fand ich alleine acht Geschäfte, zuzüglich McDonald’s, der sich ebenfalls in diesem Segment versucht. Den Bubble-Tea-Läden ist gemein, dass ihnen allesamt die Kundschaft fehlt – die Gasträume und die Stühle davor sind nahezu leer. Die einzige anwesende Person, meist ein asiatischer Student, schaut hinter der Theke tatenlos auf sein Smartphone und gehört vermutlich der Leichtlohngruppe an. Falls es dabei bleibt, findet wohl bald eine Marktbereinigung statt, das wäre schön.

Ein tapferer Selbstversuch gemeinsam mit einer Kollegin ergab, dass sie Bubble Tea ungenießbar fand; ich hingegen mochte es zuerst, hatte dann aber noch lange mit dem Nachgeschmack zu kämpfen. Der schaumige Bubble Tea besteht aus Tee, Milch, Fruchtsirup, Zucker, Koffein und Kalorien. Die Bubbles selbst sind etwas kaugummiartige Kügelchen aus Stärke, die über einen dicken Halm in den Mund gelangen und dort mit intensivem Aroma ›aufpoppen‹. Ernährungsexperten halten Bubble Tea für bedenklich, zurückhaltend ausgedrückt. Aber jeder kann schließlich seinen eigenen Geschmack herausbilden und mit seiner Gesundheit umgehen wie es ihm passt.

Was jedoch zur Plage für alle Braunschweiger wird, ist, dass das städtische Erscheinungsbild durch die neuen Läden zusätzlich verschandelt wird. Ihr lautes Design entspricht dem der Ware, denn beide sind ebenso künstlich wie süßlich: Alle Läden kommen in einer merkwürdig gritzebunten Gestaltung in Orange und Grün daher, sowie mit abgerundeten Schrifttypen, wie man sie aus der Werbung für Babyspielzeug kennt. Die Außenwerbung ist durch die Reihe weg schlicht grauenhaft, sie verdirbt die schöneren Teile der Innenstadt (wenn man vom Bohlweg absieht, aber der ist so hässlich, dass er von den Bubble-Tea-Läden sogar ein wenig aufgehübscht wird).

Wenn die neuen Läden lediglich die optisch ähnlich verwahrlosten Nagelstudios und Handygeschäfte verdrängen würden, so wäre mir das egal, denn es wäre ein bloßes Nullsummenspiel. Leider sind es aber kleinere, vormals inhabergeführte Betriebe, die in der Innenstadt aufgeben müssen, womit der egalisierenden Monostruktur jedes Mal auch ein Teil der vielfältigen urbanen Kultur geopfert wird. So gab es nahe des Kohlmarktes bis vor kurzem das Curry Haus, indem ein etwas eigenwilliges Mutter-Tochter-Gespann eine ausgesprochen leckere Currywurst in vielen Varianten anbot. Bei meinem letzten Besuch war dort zusätzlich eine Bubble-Tea-Ecke zu sehen. Gestern drehte ich an der Türe wieder bei, obwohl die neuen asiatischen Besitzer versicherten, dass auch sie Currywurst führten – das war selbst mir zu viel.

Nach der alles in allem unerfreulichen Bubble-Tea-Exkursion bestellte ich mir heute Abend bei meinem Döner-Mann ein Hähnchen-Döner. Während er es zubereitete, blätterte ich in den ausliegenden Prospekten und stieß auf ein kleines Faltblatt – einer Bubble-Tea-Franchisingkette. Na dann, Mahlzeit!

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